Fachdolmetschen (Community Interpreting)

Im Studienschwerpunkt Fachdolmetschen am Arbeitsbereich Interkulturelle Germanistik steht das professionelle Dolmetschen in sozialen, medizinischen und behördlichen Settings im Mittelpunkt. Gespräche zwischen Fachkräften und Laien in institutionellen Kontexten wie z. B. Krankenhäusern, Ämtern, Beratungsstellen, Schulen sind von einem starken Machtungleichgewicht geprägt. Mit einem nicht- oder wenigdeutschsprachigen Klienten/Patienten potenziert sich dieses Ungleichgewicht. Zudem spielen neben sprachlichen Besonderheiten der Fachkommunikation Emotionen und körpersprachliche Aspekte eine große Rolle. Der soziale, kulturelle und politische Kontext eines medizinischen Aufnahme-, Aufklärungs- und/oder Therapiegesprächs, eines sozialpädagogischen Beratungsgesprächs oder einer polizeilichen Vernehmung beeinflusst maßgeblich die Arbeitsbedingungen, die Positionierung und die Leistung der FachdolmetscherIn als "Fachkraft der interkulturellen Vermittlung".

FachdolmetscherInnen befinden sich mit ihren Verhaltensweisen und translatorischen Handlungen mitten im Geschehen und wirken aktiv an der Gestaltung des Fachgesprächs mit. Eine derart sichtbare und aktive Mittlerrolle bringt die Notwendigkeit eines dynamischeren und flexibleren Verständnisses von Ethik und Verantwortung mit sich. So steht besonders in den praktischen Lehranteilen die problembewusste, kultursensible, (selbst)reflexive und ethische Handlungsfähigkeit der FachdolmetscherIn im Vordergrund. Es wird mit der Methode der Dolmetschinszenierungen gearbeitet, die es sowohl Studierenden als auch Dozierenden ermöglicht, sich in den Dolmetschübungen nicht nur auf verbale Aspekte der Fachkommunikation zu beschränken, sondern auch körpersprachliche und emotionale Aspekte im Rahmen der Gesprächssituationen aufzugreifen. Eine weitere Besonderheit dieses ganzheitlichen Ansatzes sind der aktive Einbezug von Fachkräften in die Lehre und die gemeinsame Erarbeitung und Inszenierung von realitätsnahen Einsatzszenarien. Es wird den Studierenden, die den Studienschwerpunkt belegen wollen, empfohlen, ein zusätzliches Wahlpflichtmodul mit einem Praktikum über 300 Stunden einzuplanen, das nach erfolgreichem Abschluss des Studienschwerpunkts in einer kooperierenden Einrichtung absolviert werden kann.

Die Wahlplichtmodule "Fachdolmetschen 1 (Deutsch): Grundlagen" und "Fachdolmetschen 2 (Deutsch): Vertiefung" bauen inhaltlich aufeinander auf und können nur sukzessive studiert werden. Das erste Modul findet immer im Wintersemester und das zweite im Sommersemester statt.

Aufbau und Inhalte der Module

Wahlpflichtmodul "Fachdolmetschen 1 (Deutsch): Grundlagen"

a) Seminar zum Fachdolmetschen 1
b) Seminar zum Fachdolmetschen 2 (mit integrierten praxisbezogenen Anteilen)

Ziele

Nach erfolgreichem Abschluss des Moduls können die Studierenden:

  • Arbeitsbereiche der Fachdolmetscher/innen im interkulturellen Vergleich analysieren,
  • sich mit den Rolle(n) und dem Berufsbild des Fachdolmetschers im interkulturellen Vergleich kritisch auseinandersetzen,
  • Theorien, Modelle und Ansätze zum Fachdolmetschen innerhalb der Translationswissenschaft verorten,
  • Strategien des professionellen Handelns und Verhaltens in unterschiedlichen Einsatzsituationen beobachten, analysieren, kritisch bewerten und verändern, Dolmetschsituationen bearbeiten, Dolmetschinszenierungen mitgestalten und Protokolle der teilnehmenden Beobachtung verfassen.

Wahlpflichtmodul "Fachdolmetschen 2 (Deutsch): Vertiefung"

a) Übung zum Fachdolmetschen 1 (sprachenpaarübergreifend)
b) Übung zum Fachdolmetschen 2 (sprachenpaarspezifisch)
c) Seminar zum Fachdolmetschen 3

Ziele

Nach erfolgreichem Abschluss des Moduls können die Studierenden:

  • Strategien des professionellen Handelns und Verhaltens als Fachdolmetscher/in in unterschiedlichen Einsatzsituationen entwickeln, beobachten, analysieren, kritisch bewerten und optimieren,
  • verschiedene Ansätze in der Professionalisierung und Ausbildung von FachdolmetscherInnen analysieren und kritisch bewerten,
  • kultursensible, fachgerechte und situationsspezifische Dolmetschstrategien und -techniken entwickeln,
  • in unterschiedlichen Fachdolmetschsituationen dolmetschen, die eigene Dolmetschperformanz und ethische, politische, psychosoziale und juristische Aspekte der Einsatzsituationen wissenschaftlich beschreiben, analysieren und kritisch bewerten.