Beispiel für Translation im MA

Eine Germersheimer MA-Absolventin mit Grundsprache Englisch arbeitet als freiberufliche Übersetzerin. Einer ihrer Auftraggeber ist ein deutscher Zulieferer der Automobilindustrie. Für ihn hat sie in der Vergangenheit beispielsweise Geschäftsberichte, Dokumentationen und Internetseiten übersetzt. Nun fragt der Auftraggeber wegen der Übersetzung einer Firmenpräsentation an, mit der er internationale Kooperationspartner gewinnen möchte. Die PowerPoint-Präsentation soll nicht nur ins Englische, sondern auch ins Arabische, Chinesische, Französische, Russische, Spanische und Türkische übersetzt werden. Bisher hat der Auftraggeber bei internationalen Kooperationen hauptsächlich englischsprachige Texte verwendet; nun möchte er aber gezielt Märkte in bestimmten Ländern ansprechen. Da er bis jetzt mit der Arbeit der MA-Absolventin sehr zufrieden war, fragt er sie, ob sie auch die Übersetzungen in die anderen Sprachen koordinieren könne. Sie akzeptiert den Auftrag und verhandelt über Honorar und Liefertermin. Anschließend kontaktiert sie für die anderen Sprachen Kolleginnen und Kollegen, mit denen sie bereits im Studium gut zusammengearbeitet hat. Von dem mit dem Auftraggeber für jede Übersetzung vereinbarten Honorar behält sie für ihre Vermittlungs- und Koordinationsarbeit 5 % ein.

Nun fängt die MA-Absolventin mit der Übersetzung ins Englische an. Die PowerPoint-Präsentation ist nicht professionell erstellt: Die Folien enthalten deutlich zu viel Text in sehr kleiner Schrift, und an einigen Stellen ist der Text schwer verständlich. Zudem wurden teilweise Passagen aus Internetseiten unverändert hineinkopiert; die völlig anderen Konventionen für Präsentationen (Stichpunkte, keine ganzen Sätze) wurden nicht berücksichtigt. Die Übersetzerin weist den Auftraggeber auf die Probleme in der deutschen Präsentation hin und optimiert den Text in ihrer englischen Version. Beispielsweise beseitigt sie Redundanzen und wandelt Fließtext in Aufzählungen um. Unklare Textstellen kann sie häufig aufgrund ihrer Kenntnis des Unternehmens und mithilfe von Recherchen selbstständig verbessern; soweit dies nicht möglich ist, hält sie Rücksprache mit dem Auftraggeber.

Für ihre Arbeit verwendet die MA-Absolventin ein integriertes Übersetzungssystem. Das Tool hat zum einen den Vorteil, dass sie auf bereits vorhandene Übersetzungen für denselben Auftraggeber zurückgreifen kann: Sie bekommt automatisch Terminologie aus der Datenbank angezeigt, die sie bei früheren Aufträgen angelegt hat, ebenso ähnliche Formulierungen aus früheren Ausgangstexten zusammen mit ihrer eigenen Übersetzung dieser Textstücke. Zum anderen erspart es ihr die Verwendung dieses Tools auch, in der Datei jedes zu übersetzende Textfeld einzeln öffnen zu müssen – bei komplexen Schaubildern wäre das sehr zeitraubend. Sie muss die mit dem Tool angefertigte Übersetzung jedoch in PowerPoint nachbearbeiten, da manchmal der englische Text für den zur Verfügung stehenden knappen Raum zu lang oder die Zeilenaufteilung unübersichtlich ist.

Die fertige englische Übersetzung stellt die MA-Absolventin den Übersetzerinnen und Übersetzern für die anderen Sprachen zur Verfügung. Sie können somit sehen, welche Lösungen für problematische Stellen im deutschen Ausgangstext gefunden wurden. Die zusätzliche Zeit, die für das Übersetzen in zwei Stufen (zuerst ins Englische und dann in die anderen Sprachen) benötigt wird, hat sie bereits zu Beginn mit dem Auftraggeber ausgehandelt. Da sie selbst diese Sprachen nicht beherrscht und somit die Qualität der Übersetzungen nicht beurteilen kann, hat sie mit den ÜbersetzerInnen vereinbart, dass diese den jeweiligen Zieltext von einer einschlägig qualifizierten Person Korrektur lesen lassen müssen ("Vier-Augen-Prinzip"). Nach Fertigstellung werden die sechs Zieltexte an die MA-Absolventin geliefert. Sie überprüft die Dateien auf offensichtliche Fehler (z. B. falscher Dateiname, falsches Dateiformat oder nicht übersetzte deutsche Textstücke) und leitet sie dann an den Auftraggeber weiter, dem sie auch eine Rechnung für das gesamte Übersetzungsprojekt schickt. Die anderen ÜbersetzerInnen wiederum schicken ihre Rechnungen an sie.